Diese und andere Fragen habe ich mir letzte Woche als Teilenehmerin beim Fachtag „Mit Resilienz durch den Schulalltag“ in Frankfurt gestellt.

Vorweg meine eigenen Gedanken zum Thema Resilienz. Das Wort ist (ähnlich wie „Nachhaltigkeit“) in aller Munde und macht es dadurch oftmals auch etwas „schwammig“ gar nervig…

Der Begriff Resilienz stammt aus der Physik und bezeichnet in der Materialkunde Stoffe, die auch nach extremer Spannung wieder in ihren Ursprungszustand zurückkehren. Übersetzt wird er häufig als „Widerstandsfähigkeit“. In der Welt der mentalen Gesundheit steht Resilienz für die Fähigkeit, schwierige Situationen (Krisen oder Katastrophen) ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen.

Ich finde den Vergleich von Glas und Luftballon gut. Ein Glas das hinunter fällt, zerspringt in der Regel. Ein Luftballon den ich aufblase, den ich evtl dehne und „stresse“, kann wieder in seine ursprüngliche Form zurückkommen – ggf mit etwas Veränderungen (die aber auch zum Leben dazugehören – jedes Aufblasen, jede Herausforderung, die wir meistern, macht ja etwas mit uns).

Die 7 Säulen der Resilienz

(1) Selbstbewusstsein: Resiliente Menschen glauben an sich. Anstatt zu resignieren, werden sie (pro)aktiv. Aufgrund ihres ausgeprägten Selbstvertrauens gewinnen sie oft noch das Vertrauen und die Bewunderung anderer.

(2) Kontaktfreude: Widrigkeiten und Schwierigkeiten lösen resiliente Menschen gemeinsam mit anderen, indem sie aktiv Partner/innen suchen, die einfühlend sind und stärkenorientiert denken.

(3) Gefühlsstabilität: Resiliente Menschen steuern die eigene Gefühlswelt derart, dass sie hohe Belastungen nicht als Stress, sondern als Herausforderung empfinden. So können sie kurz darauf wieder voll agieren (siehe emotionale Reife).

(4) Optimismus als eine der tragenden Säulen der Resilienz. Resiliente Menschen verallgemeinern bei einer Niederlage nichts; Ihr Motto ist nicht: „Ich schaffe es nie“, sondern sie sagen sich: „Diesmal hatte ich keinen Erfolg, nächstes Mal schon.“ Widerstandsfähige Menschen akzeptieren die Situation wie sie ist, beschönigen nichts, blicken aber weiterhin zuversichtlich in die Zukunft. So bekommt die Krise erst gar kein Schwergewicht, sondern bleibt ein zeitlich begrenztes Ereignis, aus dem man sich selbst herausführen kann.

(5) Handlungskontrolle: Statt impulsiv zu handeln, reagieren resiliente Menschen auf entsprechende Verhaltensanreize kontrolliert und überlegt. Dazu gehört, sofortige Belohnungen zugunsten eines höheren Ziels in der Zukunft aufzuschieben. Im Fachjargon heißt diese Fähigkeit „Gratifikationsverzicht“. Diese Kontrolle ist ebenfalls eine wichtige Komponente der schon erwähnten emotionalen Intelligenz.

(6) Realismus: Resilienz bedeutet, langfristig zu denken und für sich realistische Ziele zu entwickeln. So können sie von temporären Wendepunkten im Leben, wie zum Beispiel dem Tod der Eltern oder einem unfreiwilligen Berufswechsel, nicht aus dem Gleichgewicht geworfen werden. Weil Sie sich schon gedanklich auf ihr Leben „danach“ vorbereiten, meistern sie diese Herausforderungen souveräner und schneller. Aus der Desaster-Forschung (die gibt es wirklich) weiß man heute: Resiliente Menschen sehen das Unheil nicht durch eine rosarote Brille. Vielmehr gehen sie konstruktiv mit ihrem Schmerz, mit der Tragödie um (siehe: realistischer Optimismus).

(7) Analysestärke: Resiliente Menschen sind imstande, eingefahrene Denkpfade zu verlassen. Sie können die Ursachen eines negativen Erlebnisses genau identifizieren und analysieren. Das hilft ihnen, zukunftsorientiert damit umzugehen und so alternative und oft bessere Lösungen zu erkennen. (Mai, 2020)

Mach‘ den Test

Ich habe für dich aus den Säulen ein paar Fragen erstellt, die zeigen können (!) wie resilient du bist – natürlich kannst du den Test auch mit deiner Klasse machen. Er bietet eine gute Grundlage mit ihnen über das Thema Resilienz zu sprechen und gemeinsam zu überlegen, welche Vorteile die Eigenschaften der Resilienz haben und wie man sie erlangen kann.

  • Ich kann schlechte Momente in meinem Leben akzeptieren.
  • Ich habe Ziele vor mir (das müssen keine Lebensziele sein – es reicht auch ein Ziel am nächsten Tag zu haben).
  • Ich weiß, dass ich Stärken und Fähigkeiten besitze.
  • Ich habe Freunde, die für mich da sind.
  • Ich weiß, dass ich mein eigenes Leben bestimmen kann.
  • Ich glaube an mich, auch wenn ich einmal keinen Erfolg habe.
  • Ich glaube daran, dass ich wertvoll auf dieser Welt bin.
  • Ich suche Lösungen für Probleme und Herausforderungen.
  • Ich bin stolz auf meine Stärken.
  • Ich kann unter Stress leistungsfähig sein.

 

Warum brauch es nun dieses ganze „Resilienz-Zeugs“?

Man spricht in der Mentalen Gesundheit auch von der emotionalen Intelligenz. Es geht nicht darum, immer alles positiv zu sehen, es geht auch um Akzeptanz. Denn das ist eine Ressource die uns oftmals nicht nachhaltig genug beigebracht wird. Akzeptanz von Situationen, dass es nicht immer perfekt sein muss, dass es auch Niederlagen gibt im Leben und dass man aus Fehlern lernt.

Sich mit den Resilienz-Säulen zu beschäftigen, auseinander zu setzen – ist der erste Schritt.

Sei der Luftballon – komm‘ in die Veränderung. Überlege selbst was dich in deinem Leben vielleicht stört oder welche Herausforderung dich gerade gefühlt „erschlägt“. Sei ein Vorbild, fang bei dir selbst im Kleinen an und zeig es anschließend auch gerne deinen Schüler/innen.

Es geht z.B. auch darum, sich bewusst zu machen, wie ist meine berufliche Situation? Möchte ich sie ändern? Dann gehe ich dafür los.

Wie ist meine familiäre Situation? Möchte ich etwas daran ändern? Dann übernehme ich Verantwortung und gehe dafür los. Sprich darüber, wie du leben möchtest und erkenne, was dich wirklich stört

 

Werde zum Luftballon, der trotz Herausforderungen und Krisen wieder in seine ursprüngliche Form findet.

Welche Fertigkeiten, kannst du in deinem Unterricht vermitteln, um wie der Luftballon wieder zurück zu kommen zum Ursprung.

Frau Prof. Dr. Hanna Christiansen hat in ihrem Vortrag ein paar tolle Merkmale für einen Resilienz-fördernden Unterricht genannt, die ich mir merken konnte:

Positive Beziehung zu Lehrkräften

Fühlen sich Schüler/innen gesehen und gehört, respektiert und wertgeschätzt, hat das großen Einfluss auf ihr Wohlbefinden und Lernverhalten. Dazu gehört auch, dass Grenzen und Regeln in einer Klasse gemeinsam festgelegt werden und die Lehrkraft auf die Einhaltung dieser achtet (beidseitig).

Respekt und wertschätzende Kommunikation, so wie das richtige Reagieren in Konfliktsituationen haben oftmals sehr viel mit der Selbstregulation zu tun. Das bedeutet, du musst gut auf dich selbst achten und dich regulieren – nur dann kannst du eine positive Beziehung zu deinen Schüler/innen aufbauen.

Verstehbarkeit und Bedeutsamkeit/ Sinnhaftigkeit

Natürlich gibt es Kinder, die lernen einfach XY weil man es ihnen sagt und sie anschließend mit Noten beurteilt. Aber wirklich intrinsisch motivieren können wir unsere Schüler/innen nur, wenn sie verstehen, was sie da lernen sollen. Wenn wir ihnen die Schwierigkeiten im Lernprozess erläutern und ihnen die Lösbarkeit vermitteln. Dazu gehört auch, z.B. ihnen den Lehrplan am Anfang eines Schuljahres mal kurz vorzustellen und darauf einzugehen, warum XY wichtig ist und was es für die eigenen Zukunft bedeuten kann oder welche Fähigkeiten und Fertigkeiten damit vermittelt und ausgebaut werden.

Aufbau und Stärkung von Problemlösestrategien

Ein Thema das mir im Alltag mit jungen Menschen oft begegnet. Es fehlen Ressourcen, um Probleme zu lösen oder Herausforderungen anzugehen. Hier hat sich das Unterrichten in Deutschland schon versucht anzupassen – weniger frontal alles vorgeben, demonstrieren, auswendig lernen – hin zur eigenen Erarbeitung von Themen und der Anwendbarkeit von Strategien. Viele Kinder befinden sich oftmals in eienr gefühlten Ohnmacht, wenn sie vor einer Herausforderung stehen. Hilf ihnen Schritt für Schritt den eigenen Weg zu erkennen. Gar nicht so leicht. 😉

 

Am Ende noch ein Appell an Universitäten, Studienseminare und Co. Die Fähigkeiten resilienz-fördernd zu unterrichten, sollten unbedingt Teil der Lehrkräfteausbildung sein. Sie bildet nicht nur die Basis emotionaler Intelligenz – die fördert auch ein gutes Klassen- und Lernklima.  Und davon profitieren alle!

 

Quellen:

BMZ Lexikon https://www.bmz.de/de/service/lexikon/70564-70564#:~:text=%C3%9Cbersetzt%20wird%20er%20h%C3%A4ufig%20als,ohne%20dauerhafte%20Beeintr%C3%A4chtigung%20zu%20%C3%BCberstehen.)

R&E-SOURCE https://journal.ph-noe.ac.at Online Journal for Research and Education Ausgabe 15, April 2021, ISSN: 2313-1640